146
Land und Leute in Kurland.
Meere die Ströme hinauf, um sich zum Laichen eine ihm zusagende Stelle auszusuchen. Bei diesem Heraufziehen in die Flüsse bewältigt er die größten Schwierigkeiten. Er fliegt dann durch die Luft, und zwar dies durchaus wörtlich genommen. Um nämlich über Felsenriffe, die sich ihm entgegenlagern, hinüberzukommen, stemmt er den Schwanz fest an und schnellt sich zu einer beträchtlichen Höhe empor, wodurch er über das anscheinend unbewegliche Hindernis hinweg gelangt. Er soll sich oft bis zu vierzehn Fuß*) (über 4j/4 Meter) emporschnellen. Nach Berichten aus Island durchschwimmt dort der Lachs ohne Bedenken schwefelhaltige, ganz warme Gewässer, da hinter ihnen seine Laichplätze liegen.
Wie der Lachs der vornehmste Fisch in Kurlands Gewässern, so ist der Auerhahn der edelste Vogel in den dortigen Forsten. Bekanntlich wird er zur Balzzeit ohne große Mühe geschossen.
* *
*
Kurland hat auf dünn bevölkertem Raume gegen 750000 Einwohner**) (Ostpreußen fast dreimal so viel, obgleich es nur etwa 11/2 mal so groß ist); davon sind etwa 51 000 Deutsche. Über 4/s der Bevölkerung gehören der evangelischen Kirche an. Die deutsche Sprache wird hauptsächlich von dem Landadel und der Stadtbevölkerung gesprochen.
„Fast***) alle Rittergutsbesitzer in Kurland, Livland und Estland sind Deutsche, ebenso die meisten Geistlichen . . . Ferner finden sich auf allen Gütern zahlreiche Angestellte: Verwalter, Förster, Buchhalter und sonstige deutsche Wirtschaftsbeamte. Auch sind die Arzte und Apotheker meist deutsch. In Riga und in den kleinen Städten aller drei Provinzen findet sich eine geschlossene deutsche Bevölkerung. Ihre Gesinnung ist deutschnational, und sie alle hoffen und sehnen den Einzug der deutschen Armee herbei. Nur sind sie in großer, leichtverständlicher Sorge, daß sie die Ausrottung ihrer Volksgenossen in den Teilen des Landes, die noch nicht von den deutschen Truppen befreit sind, verschulden könnten, wenn sie die deutschen Truppen freundlich begrüßen; denn die Russen würden sofort furchtbare Rache an den deutschen Balten nehmen, die in ihrem Machtbereiche sind. Das ist der einzige Grund, warum die deutschen Bewohner des Landes sich zum Teil zurückhaltend zeigen. Verlassen aber kann man sich völlig auf sie: kein Verräter wird in ihren Reihen sein. Nur muß man nicht von ihnen laute Freudenausbrüche erwarten, weil das den unerlösten Landsleuten großen Schaden bringen kann."
*) Ein preußischer Fuß ----- 0,314 m.
**) Die letzte russische Volkszählung im Jahre 1897 ergab 674034 Bewohner; darunter waren 505 994 oder 75,07°/n Letten (Bauernstand), 51017 oder 7,57°/0 Deutsche (Adel, höherer und zum Teil niederer Bürgerstand), 38 276 oder 5,68% Oiuffert, den Nest bilderen Israeliten, Polen und Litauer.
Dichtigkeit der Bevölkerung: Auf den qkm kamen im Jahre 1912 in Kurland durchschnittlich rund 29, in Ostpreußen 56, in Deutschland 120 Einwohner.
Nach ihrem Religionsbekenntnis sind in Kurland von der Bevölkerung evangelisch 82,2 o/o, römisch-katholisch 11,1 °/0, griechisch-katholisch 3,4°/0, Juden 3,3 °/0.
***) Führer durch Liv-, §st- und Kurland. Verlag Gerhard Stalling. Oldenburg i. Gr.
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Extrahierte Personennamen: Gerhard_Stalling
Extrahierte Ortsnamen: Kurland Island Kurlands Kurland Ostpreußen Kurland Livland Estland Riga Polen Kurland Ostpreußen Deutschland Kurland Kurland Oldenburg
Land und Leute in Kurland.
147
Ein großer Teil der Güter Kurlands*) befindet sich in der Hand des Adels. Der kurische Adel besitzt meist Güter von beträchtlichem Umfange. Der in Kurland beliebte Ausdruck für ein großes und kleines Gut ist: „eine große oder kleine Grenze haben." Das größte Gut in Kurland ist wohl das Majorat**) Dondangen im nördlichen Teil des Landes. Es dürfte dreimal so groß sein als Schaumburg-Lippe (mit Bückeburg). Das nach Dondangen bedeutendste kurische Gut ist ein Majorat, das fast zwölf Quadratmeilen ***) (über 660 Quadratkilometer) umfaßt. Natürlich stehen diese Güter an Ertragsfähigkeit weit hinter dem Fürstentum Schaumburg-Lippe zurück, da der größte Teil der Oberfläche von Waldungen bedeckt ist. In den meilenlangen Forsten dieser Güter findet man einen reichen Stand von Elentieren.
Die meisten kurischen Adelsgeschlechter stammen aus Nieder-Sachsen und Pommern, nur wenige leiten ihren Ursprung von früheren lettischen Fürsten ab» Sie sind im allgemeinen sehr gebildet und begegnen ihren Gutsinsassen mit vieler Milde und Freundlichkeit. Der kurische Adel verschließt sein Ohr nicht kalt und gleichgültig ihren Klagen, sondern hört mit großer Geduld auf ihre meist sehr umständlichen Berichte und gewährt ihnen gern seinen Rat und oft seine Hilfe. Die anmutigen, klugen und bescheidenen Frauen Kurlands sind der schönste Schmuck dieser Provinz.
Wie es in Rußland sogar einem Edelmann ergehen kann, sehen wir an folgender kleinen Geschichte:
Es war vor etwa 200 Jahren zur Zeit des Willkür-Regiments unter Herzog Biron, einem übermütigen Günstling der russischen Kaiserin Anna (siehe unter „Mitau"). Ein Herr von Osten-Sacken stand eines Abends arglos und keine Gefahr ahnend vor der Tür seines Landhauses. Plötzlich wurde er von vermummten Männern ergriffen und in einen verdeckten Wagen gehoben, der schnell mit ihm davonrollte. Fast zwei Jahre hindurch wurde er von einer russischen Provinz in die andere gefahren, niemand erteilte ihm Auskunft, warum er überfallen und entführt worden war. In einer Nacht endlich hielt der Wagen still. Die Pferde werden ausgeschirrt, aber keine neuen vorgespannt. Der Herr von Osten-Sacken vernimmt rings um sich keinen menschlichen Laut, so daß er zuletzt den Mut gewinnt, die Tür seines rollenden Gefängnisses zu öffnen, was ihm sonst streng verboten war. Wer beschreibt seinen freudigen Schreck, als er sich vor der Tür seines Landhauses befindet! Von nun an wurde er nicht weiter behelligt. Vielleicht hatte Herr von Osten-Sacken über Biron eine ungünstige Äußerung gemacht, die diesem durch einen seiner zahlreichen Spione wieder berichtet wurde. Der reizbare Emporkömmling rächte sich nun durch die fast zweijährige Ruhelosigkeit, zu der er den Herrn von Osten-Sacken verdammte.
Nack Ludwig Brünier, „Kurland." Schilderungen von Land und Leuten. ________________________________ Verlag Heinrich Matches. Leipzig.
*) Grundbesitz Kurlands — 4-1,6°/0 Großgrundbesitz, 38,1 °/0 Kleingrundbesitz, 20,3 °/o Domänen (Güter des Staates) und Grundbesitz der Städte und Kirchen.
**) Majorat = Gut, welches stets dem Ältesten der Erbberechtigten zufällt.
***) Eine Quadratmeile (□ Meile) ---- 55,062 qkm.
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Extrahierte Personennamen: Biron Anna Biron Ludwig_Brünier Ludwig Heinrich_Matches Heinrich
Autor: Lambeck, Gustav, Rühlmann, Paul, Wilmanns, Ernst
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Weltkrieg
Inhalt: Zeit: 1914-1918
Geschlecht (WdK): Jungen
12 Fr. Meinecke, Die deutsche Erhebung von 1914
gutes Gewissen dabei haben, wenn wir den Volksgenossen, die einer feindlichen Partei angehörten, mit Haß und Verachtung begegneten. Nun aber hat der Sturmwind des Krieges die schlimmen Dünste weggeweht, und ein heißer Wunsch nach innerem Frieden erfüllt alle Parteien, töie sich Österreichs Nationalitäten ihres gemeinsamen Staats- und Kulturbodens jetzt wieder bewußt werden, so haben sich des deutschen Volkes Klaffen und Stände mit einem Male in dem beglückenden Bewußtsein gefunden, daß sie Kinder einer Mutter sind und für gemeinsame Güter von unersetzlichem werte zu streiten haben. Diese (Erfahrung kann nicht vergessen werden, mögen wir siegen oder geschlagen werden, so dürfen wir nun hoffen, ein gesünderes, edleres, freieres Nationaldasein in Zukunft zu führen. Diese innere (Eroberung fei uns die eigentliche (Eroberung, die wir machen wollen, wir werden auch ferner unsere Partei-und Interessenkämpfe miteinander führen, aber wir werden sie, nachdem wir in Not und Tod zusammengestanden, in einem anderen Geiste miteinander führen und Opferwilligkeit nicht nur für das gemeinsame Vaterland, sondern auch gegeneinander üben müssen. Und vor altem: wenn der haß des Parteikampfes nachläßt, werden Kräfte frei für bessere Dinge, für die höchsten Hufgaben einer Nation. Immer wieder wollen wir uns sagen, daß eine Nation nicht aufgehen darf im Selbstgenusse ihrer Macht. Sie hat den Huftrag von Gott, das Göttliche im Menschen in einer besonderen, eigenartigen, unersetzlichen Form zu gestatten. Sie hat sich als ein großer Künstler zu fühlen, der, indem er aus persönlichstem Genius schafft, ein Überpersönliches und (Ewiges schafft. Durch ihre Leistungen für den Geist der Menschheit rechtfertigt eine Nation all ihr selbstisches Streben und damit auch ihre Machtkämpfe und Kriege. Religion, Kunst, Wissenschaft, edle menschliche Gesittung, Anerkennung der freien Menschenwürde mit allen ihren Auswirkungen im sozialen Leben, und alles im Bunöe mit dem nationalen Staate, in allem aber lebendig und farbenprächtig erscheinend der schöpferische Genius unserer Nation — das sind die höchsten der Güter, für die wir kämpfen, wir wollen die köstlichen Kräfte unserer Nation behaupten, nicht die der anderen Nationen, mit denen wir Krieg führen, dauernd unterdrücken. Wohl müssen wir sie jetzt niederringen und zwingen mit dem Aufgebote der höchsten (Energie und ohne jede weichliche Anwandlung, denn wir kämpfen um unsere eigene Existenz. Bestien, die gegen uns anspringen, können wir nur als Bestien behandeln, aber den bestialischen haß, der sie treibt, dürfen wir nicht in uns aufkommen lassen. (Er rächt sich ja doch früher oder später an denen, die ihn hegen. Seien wir streng auch gegen alle Ansätze von nationalem Paroxysmus, die sich bei uns etwa regen sollten, wir vertrauen darauf, daß demjenigen Volke der Sieg winkt, das die höchste Willenskraft mit der menschlichsten Gesittung verbindet.
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Xxix
8. Entartung der Römer und Enlttekung der Bürgerkriege.
1. Verschwendung. Mit der zunehmenden Macht des Landes mehrte sich
auch der Reichtum der Großen und Vornehmen des Landes. Sie bauten sich
prachtvolle Landsitze, in denen alles von Gold, Silber und Marmor strahlte. Die
Tafel der Reichen wurde mit den teuersten Speisen besetzt. Für einen seltenen
Fisch zahlte man mehr als für einen Ochsen, oft 4—600 M. Ein einfaches
Abendessen, das der Feinschmecker Lucullus seinem Freunde Cäsar bereitete, kostete
70000 Jk Auf der anderen Seite herrschte unter dem niederen Volke grenzenlose
Armut. Der Bürger hatte längst sein Feld an die Reichen verkauft; hungernd
und zerlumpt ging er auf der Straße einher und war für des Reichen Geld zu
jeder Schandtat fähig. Mancher Feldherr veranstaltete für den Pöbel großartige
Festspiele und ließ ihn kostbar bewirten, um sich seine Gunst zu erwerben. So
mußten einmal unter Cäsar 1200 Menschen gegen 40 Elefanten zur Belusügung
des Volkes fechten, und zum Schluß wurde das ganze Volk auf seine Kosten an
22000 Tischen gespeist.
2. Zklavenwesen. Die reichen Römer ließen alle ihre Arbeiten durch
Sklaven verrichten. Diese hatten den Acker zu bestellen und besorgten auch alle
Arbeiten im Hause. Sie waren zum Teil Handwerker, zum Teil aber versahen
sie die Stelle eines Rechnungsführers, Arztes oder Erziehers. In manchem Hause
fand man mehrere hundert Sklaven. Der Preis der Sklaven war sehr ver-
schieden, je nach ihrer Fähigkeit zahlte man 300—20000 Jk Ihre Behandlung
war zuweilen eine schändliche. Ein gewisser Pelonius ließ seine Sklaven um
kleiner Vergehen willen in Stücke zerhauen und das Fleisch den Fischen in seinem
Teiche vorwerfen. Am beklagenswertesten waren die Landsklaven. Den ganzen
Tag mußten sie in der Sonneuglut die schwersten Arbeiten verrichten. Dabei
waren sie stets mit Ketten an den Füßen gefesselt, und für das kleinste Vergehen
bekamen sie die Peitsche ihrer unbarmherzigen Aufseher zu fühlen.
3. ^ecblerspiele. Der Sinn der Römer wurde immer roher und grau-
samer. Das zeigte sich besonders an der schändlichen Unsitte, Sklaven, Kriegs-
gefangene oder verurteilte Verbrecher sich gegenseitig zerfleischen zu lassen. Man
gab den Kämpfenden einen Dolch, eine Lanze oder ein Schwert und trieb sie nicht
selten mit Peitschenhieben und glühenden Eisenstäben gegeneinander. Anfangs
fanden diese Kämpfe auf dem Forum (Markt), später in dem gewaltigen Kolosseum,
einem Amphitheater, statt. In weitem Umkreise saßen Tausende vonzuschauern, alle
in weißen Kleidern und mit Kränzen auf dem Haupte. Später brachte man auch
wilde Tiere auf den Kampfplatz. So wurden einmal unter Pompejus in einem
Fechterspiele 18 Elefanten, 500 Löwen und 400 andere wilde Tiere getötet.
Wie viel Menschen dabei ums Leben gekommen sind, wird gar nicht berichtet.
4. Entstehung der Bürgerkriege. Der ungeheure Reichtum auf der
einen und die drückendste Armut auf der anderen Seite brachten in Rom bald
Unruhen zwischen den Patriziern und Plebejern hervor. An der Spitze der Pa-
trizier stand Sulla, an der Spitze der Plebejer Marius. (Deutsche Geschichte
S. 5.) Zwischen beiden kam es von 88—82 v. Chr. zum ersten Bürgerkriege. 88 bis
Während Sulla mit einem Heere in Griechenland kämpfte, stellte sich Marius an 82
die Spitze des unzufriedenen Volkes. Mit einer Leibwache von mehreren tausend 0’
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Extrahierte Personennamen: Lucullus Cäsar Cäsar Sulla Marius Marius Sulla Marius Marius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Während_Sulla Griechenland
67
I
und Götz von Verlichingen, schlossen sich den Aufständischen an. Die Bauern
forderten freie Wahl der Priester, freie Jagd, Fischerei und Holzung, Abstellung
des Wildschadens, Aufhebung der Leibeigenschaft, Erleichterung der Frondienste
und gerechtes Gericht. Das waren gemäßigte Forderungen. Als aber Schwärmer
wie Thomas Münzer in Mühlhausen an die Spitze des Aufruhrs traten,
zogen die bewaffneten Haufen sengend und brennend im Lande umher. Überall,
wohin sie kamen, vertrieben sie die Fürsten und richteten Gütergemeinschaft ein.
2. Kiederlage. Luther, der anfänglich znm Frieden geraten hatte, forderte
jetzt die Fürsten auf, mit dem Schwerte dreiuzuschlagen und kein Erbarmen mit
den räuberischen und mörderischen Bauern zu haben. Bald zogen der Kurfürst
von Sachsen, der Landgraf von Hessen u. a. Fürsten mit ihren Scharen nach
Thüringen, wo Thomas Münzer mit seinem Anhange arg gehaust hatte. Bei
Franken Hausen kam es (1525) zum Kampfe. Die betörten Bauern, die singend
und betend den Beistand der himmlischen Heerscharen erwarteten, waren von
den krieggeübten Söldnern der Fürsten bald besiegt. Münzer stüchtete nach '
Frankeuhausen und hielt sich in einem Bette versteckt. Er wurde jedoch auf-
gefunden und nach Mühlhansen gebracht, wo er bis zum Wahnsinn gefoltert
und dann mit 25 Genossen hingerichtet wurde. Die traurige Lage der Bauern
wurde nicht gebessert, an manchen Orten sogar noch verschlechtert.
Z. Tn'mgli und Calvin*
Fast gleichzeitig mit Luther trat auch in der Schweiz ein Reformator auf:
Huldreich Zwingli, Pfarrer in Zürich. Wie Tetzel in Deutschland, so trieb
damals der Mönch Samson in der Schweiz den Ablaßhandel in der unver-
schämtesten Weise. Das gab Zivingli Veranlassung (15l9), öffentlich gegen Ablaß
und Fegefeuer, gegen die weltliche Macht des Papstes und den Reichtum der
Geistlichkeit aufzutreten. Zwingli schöpfte wie Luther alle seine Erkenntnis nur
aus der Bibel selbst und stimmte auch in den meisten Punkten mit ihm überein.
In der Lehre vom Abendmahl wichen jedoch die beiden Reformatoren vonein-
ander ab. Während Luther behauptete, es müsse heißen: „Das ist mein Leib",
meinte Zwingli, es sei richtiger zu sagen: „Das bedeutet den Leib." Auf
Wunsch Philipps von Hessen kamen Luther und Zwingli in Marburg (1529)
zusammen, um sich über diesen Punkt zu einigen; aber jeder blieb bei seiner
Meinung. — Die Lehre Zwinglis breitete sich in der Schweiz immer mehr aus.
Die Kantone Schwyz, Uri, Unterwalden, Luzern und Zug aber widersetzten sich
der neuen Lehre und verbrannten sogar einige Prediger der zwinglischeu Lehre.
Bald entstand ein blutiger Kampf zwischen den reformierten und katholischen
Kantonen. Bei Kappel kam es zur Schlacht. Die Züricher erlitten eine Nieder-
lage, und Zwingli selbst, der das Banner der Stadt trug, wurde erschlagen.
(1531.) In dem bald darauf folgenden Frieden wurde festgesetzt, daß es jedem
Kanton freistehe, seine kirchlichen Angelegenheiten selbst zu ordnen.
— Später setzte Johann Calvin in Genf das Werk Zwinglis fort. Seine
und Zwinglis Anhänger nennt man Reformierte, während die Anhänger
Luthers Lutheraner genannt werden. Die Hauplbekeuutuisschrift der Resor-
micrten ist der Heidelberger Katechismus.
b*
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17
I
des Tages 4—5 mal wiederholt. In den Zwischenzeiten wird gearbeitet. Hier
malt ein Mönch bunte, goldene oder silberne Buchstaben: er schreibt ein lehrreiches
Buch ab. Dort in der Bücherkammer sitzt ein anderer und studiert mit Eifer wissen-
schaftliche Werke. Mit diesem Trupp zieht der „Kellner" in den Garten und läßt
den Wein beschneiden oder die Obstbäume veredeln. Ein anderer Trupp geht mit den
Knechten aufs Feld und verrichtet dort die nötigen Arbeiten. Auch eine Schule ist
mit dem Kloster verbunden, in der die Kinder der Vornehmen von einem gelehrten
Mönche unterrichtet werden. — Einige der Klosterbrüder aber weilen in der Ferne.
Sie verkündigen den Heiden (d. i. Heidebewohnern), die noch immer in ihrer
Einsamkeit den alten Göttern anhängen, die Lehre Christi.
3. Schenkungen. Fromme Leute machten dem Kloster auch bald größere
Schenkungen. So kam manches Kloster im Laufe der Jahre in den Besitz vieler
Höfe, ja ganzer Dörfer.
Im Gebiete des Klosters Fulda lagen zahlreiche Weiler (kleine Dörfer oder Gehöfte),
die im Verlaufe von 50 Jahren von ihren Besitzern sämtlich dem Kloster geschenkt waren.
In einem Schenkungsbrief, der noch erhalten ist, werden dem Kloster vermacht: 12 Leib-
eigene, 2 Wohnhäuser nebst Äckern, Wiesen, Weiden, Fischteichen und Flußwasser. „Dies
alles," so heißt es, „schenken wir von heute an zur Erkaufung unserer Seelen."
So wurden die Klöster bald sehr reich. Ihre Güter ließen sie meist durch
„Meier" verwalten, die Weizen, Roggen, Gerste und Hafer bauten, während man
bis dahin nur Hafer, Hirse oder Flachs ausgesät hatte.
4. hörige cles Klosters. Meist siedelten sich auch andere Leute in der
Nähe der Klöster an. Das Kloster gab ihnen nicht selten Grundstücke, worauf sie
Haus und Stallung errichten konnten. Dadurch aber wurden sie Hörige des Klosters.
Jeder erhielt oft noch so viel Ackerland, als ein Mann mit zwei Kühen bearbeiten
konnte. Er mußte dafür dem Kloster Abgaben an Hühnern, Eiern, Schweinen,
Korn und Geld entrichten und außerdem allerlei Hand- und Spanndienste tun.
5. Segen der Klötter. Die Klöster haben viel Segen gestiftet Durch sie
wurde das Christentum immer mehr ausgebreitet; Kunst und Wissenschaft fanden
in ihnen ihre Pflege, und öde Waldörter und nutzlose Brüche verwandelten sich
durch den Fleiß der Mönche in fruchtbare Felder, Gärten und Wiesen. Die
Nonnen spannen, webten und stickten, auch besuchten sie Kranke, bereiteten Arzeneien
und unterrichteten nicht selten die Töchter der Vornehmen. Wanderer fanden im
Kloster sichere Herberge, und in Kriegszeiten suchten die Landleute hinter den
Klostermauern Schutz für sich und ihre Habe.
S* Karl der Grolze. 768—814.
1. Bedeutung. Unter den Fürsten des Frankenlandes nimmt Karl d. Gr.,
Pipins des Kurzen Sohn, die hervorragendste Stelle ein. Sein Reich erstreckte
sich anfangs über das heutige Frankreich, Baden, Württemberg, Bayern und
Thüringen. Er hatte sich das hohe Ziel gesteckt, alle deutschen Stämme zu einem
Reiche zu vereinigen und in diesem Reiche die christliche Kirche zur Herrschaft
zu bringen. Zu seiner Zeit waren es von allen deutschen Völkern nur noch die
Sachsen, die als Heiden in alter Selbständigkeit fortlebten. Deshalb wollte er
vor allen Dingen ihr Land seinem J^etche'eiüverl^iben'äckd die Bewohner
für das Christentum gewinnen^.. / mten re ,on,'.fe
radagogische Forsch un<
Bewohner desselben
Realienbuch A. (I. Geschichte.) 2
ßib-Iiothc 1c
Frankfurt / Main
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Christi Karl_der_Grolze Karl Karl_d Karl
Extrahierte Ortsnamen: Fulda Frankreich Baden Württemberg Bayern Sachsen Christentum Frankfurt
I
22
13. Eebnswdèìi. ànrr dir fränkischen Könige Land erobert harren, ss
nahmen sie den unterworfenen Edelingen ihre Äcker. Mit einem Teil belohnten
sie ihre Krieger, den anderen behielten sie selbst und verwandelten den Besitz in
Krongüter oder Domänen. Da sie aber die weiten Ländereien nicht selbst
bewirtschaften konnten, gaben sie Stücke davon ihren Getreuen zur Nutznießung.
Das Gut blieb Eigentum des Königs. Es wurde nur gewöhnlich auf Lebens-
zeit verliehen Daher hieß es Lehen. Der König war der Lehnsherr, der
Belehnte dagegen Vasall, Dienst- oder Lehnsmann. Dte Vasallen mußten
ihren Lehnsherren Treue geloben und ihnen im Kriege mit berittenen Leuten
Heeresfolge leisten. Das Heerwesen wurde dadurch umgewandelt. Neben den
zu Fuß fechtenden Bauern zogen die Lehnsleute mit ihren Reisigen ins Feld.
Der Belehnte durfte sein Lehen nicht veräußern, wohl aber konnte er Stucke
desselben an Untervasallen weiter vergeben. Zur Zeit Karls des Großen gaben
viele freie Bauern ihr Eigentum einem geistlichen oder weltlichen Herrn und
nahmen es als Lehen zurück. Bei den vielen Kriegen wurde nämlich die all-
gemeine Wehrpflicht ohne Sold ebenso drückend wie die Verpflichtung des Freien,
bei den Gerichtstagen zu erscheinen; denn während der langen Abwesenheit wurde
die Bestellung des Ackers erschwert oder gar unmöglich gemacht. Der Lehnsherr
nahm dann seinen Lehnsleuten den Heeresdienst ab und gewährte ihnen zugletch
Schutz gegen Gewalttaten mächtiger Nachbarn. Die Zahl der freien Bauern
nahm auf diese Weise bedeutend ab, und der Einfluß des Volkes aus die Geschicke
des Staates hörte mehr und mehr auf. Die Macht der großen Grundherren
aber wuchs Die Lehen wurden später sogar erblich und auch die Ämter (eines
Grasen oder Schultheißen), die nach und nach mit ihnen verbunden wurden.
Das Lehnswcsen bildete die Grundlage der mittelalterlichen Staatsver»
fassung.
14. Karls Bude. Im 72. Jahre seines Lebens starb Karl. Sein Leichnam
wurde einbalsamiert und im kaiserlichen Schmucke in der Gruft des Domes zu
Aachen beigesetzt.
6. vìe vackkolger Karte d. Gr. (Karolinger.)
1. Ceilimg des Reiches. Auf Karl d. Gr. folgte sein Sohn Ludwig
der Fromme. Diesen hatte Karl kurz vor seinem Tode in Aachen krönen
lassen. Ludwig war von sanfter Gemütsart und sehr nachgiebig gegen die Geist-
lichkeit, die ihm deshalb den Beinamen „der Fromme" gab. Es fehlte ihm aber
an Festigkeit des Willens, sein großes Reich zusammenzuhalten. Drei Jahre
nach seinem Regierungsantritt teilte er das Reich bereits unter seine drei Söhne,
Lothar, Pipin und Ludwig. Als ihm dann später noch ein Sohn. Karl der
Kahle genannt, geboren wurde, wollte er auch diesem einen Teil seines Reiches
zuwenden und hob deshalb die erste Teilung wieder auf. Darüber geriet er mit
seinen übrigen Söhnen in Streit. Bei Kolmar kam es zuin Kampfe, in dein
sein Heer verräterischerweise zu seinen Söhnen überging. Daher wird noch heute
dieser Kampfplatz das „Lügenfeld" genannt. Ludwig selbst geriet in Gefangen-
schaft, wurde aber später wieder befreit. Nach feinem und Pipins Tode teilten
sich die drei Brüder das gewaltige Frankenreich in dein Vertrage zu Verdun
843 (843). Lothar bekam neben der Kaiserwürde Italien und einen Strich Landes
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Extrahierte Personennamen: Karls Karls Karl_d Karl Ludwig Karl Karl Ludwig Lothar Ludwig Ludwig Karl Kolmar Ludwig Ludwig Lothar
Extrahierte Ortsnamen: Karls Aachen Aachen Italien
m —
i
des König? von Preußen, da? wird ihn aufrecht halten," sagte er einmal. Vis
dahin waren die obersten Staatsbehörden noch getrennt und gerieten oft in Streit mit-
einander. Um das zu vermeiden, vereinigte der König alle diese Behörden zu einer
einzigen Oberhörde, der die Verwaltung der Staatsgelder und Domänen sowie
die Erhaltung des Heeres oblag. Diese Behörde führte den Namen General-
Direktorium. Unter ihr standen in jeder Provinz eine Kriegs- und Domänen-
kammer. Zur Prüfung der Einnahmen und Ausgaben wurde die Oberrechuungs-
kammer geschaffen. — Um die Staatseinnahmen zu vermehren, belegte der König
den Adel, der bis dahin steuerfrei gewesen war, mit Abgaben. Jedes Rittergut
mußte jährlich 40 Taler zahlen. Die Domänen, die bis dahin in Erbpacht stauben,
ließ er einziehen und immer nur auf sechs Jahre verpachten. Dadurch erzielte er
höheren Pachtzins. Seine Eigengüter vereinigte er hochherzig mit den Staatsgütern.
Die Pächter ließ er genau beaufsichtigen, „ob in die Kuhstülle fleißig Stroh ein-
gestreut und der Mist zu gehöriger Zeit aufs Feld gefahren würde". Zur Erhaltung
des Heeres schuf er eine besondere Rekrutenkasse. In diese mußte jeder, der ein
neues Amt oder einen neuen Titel empfangen hatte, eine bestimmte Summe zahlen.
5. Cabahshollegium. Seine einzige Erholung suchte und fand der Köiiig
im Tabakskolleglum. Er versammelte nämlich fast jeden Abeiid von 5—7 Uhr
eine Anzahl Generale und Minister um sich und unterhielt sich zwanglos und
heiter mit ihnen. Oft benutzten diese und auch fremde Gesandten die gute Laune
des Königs, um wichtige Staatsangelegenheiten mit ihm zu besprechen. Alle
Hofsitte wurde hier beiseite gesetzt; der König galt nur als Oberst, und niemand
durfte sich erheben, wenn er kam, noch wenn er ging. Er selber rauchte gern;
wer von den Gästen diese Leidenschaft nicht teilte, wie der alte Dessauer, nahm
wenigstens zum Schein eine Pfeife in den Mund; denn der König freute sich,
wenn alle rauchten. Bediente waren nie zugegen. Vor jedem Gaste staub ein
Krug Bier, und auf einem Nebentische fand man Butter, Brot, Bratell und
Schinken, wovon jeder nach Belieben nehmen konnte
6. Aufnahm« der Saljburger. 1729 verlangte der Erzbischof von Salz-
burg von allen evangelischen Untertanen, daß sie katholisch werden sollten. Da
sie sich weigerten, wurden sie hart bedrängt, und die meisten entschlossen sich zur
Auswanderung. Friedrich Wilhelm aber nahm diese Unglücklichen freudig in sein
Land auf, gab ihnen in Ostpreußen, wo zur Zeit seines Vaters ganze Dörfer
infolge der Pest ausgestorben waren, Ländereien, Vieh und Ackergerät, und tat
alles mögliche, ihnen die neue Heimat lieb zu machen.
7. Als Oanäesvater. Noch aus dem Dreißigjährigen Kriege her gab es
in Stadt und Land viele wüst liegende Häuser. Um nun die Leute zum Häuser-
bau zu ermuntern, gab er ihnen Geld und erließ ihnen aus 15 Jahre alle
Steuern. Er gründete 13 neue Städte und 332 Dörfer. Sehr viel tat er auch
für die Verschönerung Berlins. Er wies den Leuten Bauplätze an und gab
ihnen freies Bauholz und einen Teil der Baukosten. Dann aber hieß es: „Der
Kerl hat Geld, miiß bauen." Wer etwa Einwendungen machen wollte, den wies
er streng zurück mit den Worten: „Räsonier' Er nicht!" Überhaupt besaß der
König einen unbeugsamen Willen. Was er wollte, setzte er durch. Sein Wahl-
spruch war: „Er (der preußische Adler) weicht der Sonne nicht." Für das
platte Land waren damals die Wölfe noch eine schreckliche Plage. In manchen
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Extrahierte Personennamen: Cabahshollegium Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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noch, Da& die vielen Millionen, Sie der Sraal alchabrlich nötig Halle, ganz »llern vorr oen
.Bürgern und Bauern ausgebracht werden mußten, denn der Adel und die Geistlichkeit,
die gerade den größten Teil des Grund und Bodens inne hatten, waren von jeder Abgabe
befreit. Aber damit noch nicht genug. Der Bauer hatte auch noch für den Adel die
schwersten Frondienste zu leisten; für Brücken und Wege mußte er ihm allerorten Zoll
zahlen, das Getreide durfte er nur in seiner Stühle mahlen, das Brot nur in seinem
Ofen backen. Die Landleute lebten daher im größten Elend. Tausende nährten sich von
Raub und Diebstahl; über eine Million trieb sich bettelnd im Lande umher. Dazu
nahmen Roheit und Unsittlichkeit immer mehr zu, und der Glaube an Gott erschien den
meisten wie ein albernes Märchen.
2. Ausbruch. Unter Ludwig Xvi. kam die Revolution zum Ausbruch Er mußte
büßen, was seine Vorgänger gesündigt hatten. Alle Rot und alles Elend sollte er ver-
schuldet haben. In Paris war die Aufregung fürchterlich. Bewaffnete Pöbelhaufen
durchzogen Paris. Die Soldaten des Königs weigerten sich, aus die Aufrührer zu schießen,
und schlossen mit ihnen Freundschaft. Jetzt brach der Aufruhr affen hervor. Die Sturm-
glocken wurden geläutet, und jeder griff zu den Waffen. Der König versuchte, in einem
Postwagen zu entffiehen. wurde aber aus einer Haltestelle vom Postmeister erkannt und
von der Bürgergarde nach Paris zurückgebracht. Hier setzte man ihn ab und erklärte
Frankreich für eine Republik.
Der König Friedrich Wilhelm Ii. von Preußen wollte dem Könige Ludwig Xvi. bei-
stehen und vereinigte sich zu diesem Zwecke mit dem Kaiser. Unter dem Oberbefehl des
Herzogs von Braunschweig rückten die Heere der Verbündten über den Rhein (1792),
aber sie vermochten gegen die wutentbrannten Franzosen nichts auszurichten und mußten
sich wieder an den Rhein zurückziehen. Durch diesen Feldzug war das Ansehen des
preußischen Heeres bedenklich gesunken.
In Frankreich aber wurde der Aufruhr immer größer. Die christliche Religion wurde
abgeschafft und ein lasterhaftes Weib als Göttin der Vernunft verehrt. l793 siel des
Königs Haupt durch Henkershand, und neun Monale sväter wurde auch seine Gemahlin,
Marie Antoinette, hingerichtet
3. Scbreckenszert. Der Ruf: „Freiheit und Gleichheit!" erscholl jetzt überall, auf
den Straßen und in den Versammlungen. Aber gerade die Männer, die dieses Wort fort-
während im Munde hatten, waren die scheußlichsten Tnrannen: Maral, Danton,
Robespierre u. a. Fast jeden Tag wurden 30—40 Personen — einigemal? sogar
Kinder — hingerichtet. Zeugen hörte man gar nicht an. Wer nur ein Wort des Miß-
fallens über das Schreckensregiment äußerte, war reis für das Fallbeil (Guillotine). So
wurde auch ein Dienstmädchen zum Schafott geführt, weil es gesagt hatte, zur Zeit des
Königs sei es doch besser gewesen, ein andermal ein Vater, weil sein Sohn ausgewandert
war. Niemand war seines Lebens sicher. Die Scharfrichter waren kaum imstande, die
Menge der Verurteilten abzuschlachten. Endlich aber wurden auch die Rädelsführer vom
Gericht Gottes ereilt. Maral wurde im Bade erdolcht. Danton und Nobespierre endeten
unter der Guillotine.
Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten!
4. beginn ckes neuen Teitalters. Durch die Revolution — so schrecklich sie auch
war — wurden doch viele Miß stände in Frankreich beseitigt. Vor allem wurden
die Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit abgeschafft und die Leibeigenschaft der
Bauern aufgehoben. Die Bauern hatten ihrem Herrn nun keine Frondienste mehr zu
leisten, der Kirche nicht mehr den Zehnten zu entrichten. In den Städten wurde der
Zunft- und Jnnungszwang aufgehoben und jedem Bürger volle Gewerbefreiheit gestattet.
Die Steuern wurden nach Besitz und Vermögen verteilt und die höchsten Militärstellen
jedem Bürger zugänglich gemacht. — Aber das viele unschuldig vergossene Blut sollte
nicht ungerächt bleiben.
3. Napoleon I. und das Ende des deutschen Reiches*
1. Napoleon Bonaparte. Bald trat an die Spitze der Republik eilt
Manu, in desseit Haild Gott feine eiserne Zuästrute legte. Das war Napoleon.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xvi Ludwig Friedrich_Wilhelm_Ii Friedrich Wilhelm Ludwig_Xvi Ludwig Marie_Antoinette Scbreckenszert Danton Danton Napoleon_I. Napoleon Haild_Gott Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Paris Frankreich Braunschweig Rhein Rhein Frankreich Frankreich
Töpfe entrichtet werden. In späterer Zeit traten an die Stelle solcher Lie-
ferungen Abgaben in Geld, die Zins oder Steuern genannt wurden. Da diese
in der Regel an den Festtagen erhoben wurden, so erklären sich daraus die
Namen Michaelissteuern, Osterzinsen, Weihnachtshühner usw. Manche hörige
Bauern mußten am Hofe die Öfen heizen, Brot backen, Bier brauen, Holz
spalten, Nachtwachen leisten und Botengänge verrichten. Zuweilen auch mußte
der Bauer mit seinem Gespann für den Herrn arbeiten und ihm Holz, Mehl
und Steine herbeifahren, seinen Acker bestellen oder die Ernte besorgen. Beim
Tode des Mannes konnte der Herr das beste Stück Vieh (das Besthaupt) aus
dessen Stalle holen. Die Aufsicht über diese unfreien Bauern führte der Meier,
der auf dem Meierhofe wohnte. Gar keine Freiheit hatten die Hörigen oder
Leibeigenen (Knechte und Mägde), die kein Land besaßen, sondern in Küche,
Stall und auf dem Felde, auch wohl als Handwerker beschäftigt wurden. Der
Herr konnte sie verkaufen. Ohne seine Erlaubnis durften sie sich nicht ver-
heiraten. Ihre Kinder waren wieder leibeigen.
2. Blütezeit. Dem Bauer ging es im 12. und 13. Jahrhundert recht
gut. Die Ritter lebten ihren ritterlichen Neigungen. Infolge besserer Bewirt-
schaftung des Bodens wurde der Ertrag gesteigert, aber der Zins war nicht ge-
stiegen. Weinberge wurden gepflegt, und neue Gemüsesorten kamen ins Land.
Auf den Märkten konnte der Bauer seine Ware teuer verkaufen. Der Bauer
wurde wohlhabend. Auf seinen Festen ging es lustig zu. Er kleidete sich gut,
trug sogar Waffen. Wenn ein Unfreier an einem Kreuzzug teilnahm, erlangte
er die Freiheit, desgleichen, wenn er sich in der Stadt niederließ. Viele junge
Leute wanderten auch über die Elbe in die Slawenländer aus und gründeten
dort eine neue Heimat als freie Bauern. Die Grundherren mußten deshalb
ihre Leute gut behandeln, wenn sie Arbeitskräfte genug behalten wollten. <
3. Bauermlend. Das änderte sich aber im 14. und 15. Jahrhundert.
Die Auswanderungen in östliche Gebiete hörten auf. Auch die Städte hatten
Pfahlbürger genug. Die Bauerngüter wurden bei Vererbung in immer kleinere
Stücke geteilt. Wer keinen Grund und Boden erhielt, wurde völlig leibeigen.
Die adeligen Herren gerieten selbst in Not und verlangten mehr Abgaben und
Fronden. Auch die Kirche steigerte ihre Forderungen. Der Bauer mußte
Schulden machen und geriet in die Hände von Wucherern, die ihn um Hab und
Gut brachten. Die Ausbeutung verstanden auch viele Ritter. Sie erhöhten die
Abgaben, bis die Bauern eine so große Schuldenlast hatten, daß sie froh waren,
wenn ihnen der Gutsherr den Hof abkaufte und sie als Leibeigene in seinen
Dienst nahm. Damals war der Bauer ein recht armer Mann. Kaum
hatte er Zeit, sein kleines Feld zu bestellen,' denn er mußte zwei bis vier Tage
in der Woche mit seinem Gespann für den Herrn arbeiten. Veranstaltete der
Gutsherr eine Jagd, so war der Bauer verpflichtet, Treiberdienste zu tun,
stellenweise auch noch, das erlegte Wild meilenweit wegzufahren. Dazu kam,
daß ihm seine Ernte oft von dem zahllosen Wilde fast ganz vernichtet wurde.
Wehe ihm, wenn er sich's einfallen ließ, ein Stück Wild zu fangen! Einen
Hasen zu erschlagen, kostete schon 100 Taler Strafe. Der Erzbischof von Salz-
burg ließ einen Wildfrevler in die frische Hirschhaut nähen und von Hunden zer-
mfjen, Die schlimmsten Feinde des Bauern waren die fremden Ritter. Wenn
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